Das Leben im Liederlicht: Rainer Markus Wimmer und Torsten Steudinger im Aschingerhaus Oberderdingen
Am 27.April 2024 gastierten im Rahmen der Oberderdinger Kulturtage, die in Kooperation zwischen KulturDreieck Oberderdingen und der Stadt Oberderdingen stattfanden, der Karlsruher Liedermacher Rainer Markus Wimmer und der Bassist Torsten Steudinger im Aschingerhaus in Oberderdingen. Zu Beginn des Abends zieht Rainer Markus Wimmer eine Art vorläufige Lebensbilanz („Mein Leben“) und präsentiert sich in einem flotten und fröhlichen Lied als jemand, der in seinem Ruhestand ein Leben leben kann, wie er es sich immer vorgestellt hat, endlich dem Hamsterrad und dem ständigen Optimierungszwang seines Brotberufes entkommen, der, so heißt es im Text, selten mit Berufung zusammenfällt. Damit ist der äußerst persönliche Ton und Blickwinkel des ganzen Konzerts gesetzt. Wenn Wimmer sich als kabarettistischer Liedermacher einordnet, dann meint er nicht ein Pointengewitter in Richtung aktueller Ereignisse, sondern persönliche Gemütszustände und Beobachtungen, die mit einem mitfühlenden Augenzwinkern in Lieder umgesetzt werden. Es geht – wie beim Kabarett üblich - um Aufklärung in überspitzter humorvoller Form, aber nicht um den täglichen Kleinkram, sondern um Lichter, die über einen ganzen Lebensweg als Orientierung dienen können.
So etwa das Lachen als Therapie („Eine alte Geschichte“), das allerdings dem Clown nicht zur Verfügung steht oder das Kinderlachen („Mit all unserem Lachen“), das in Deutschland im Gegensatz zu Italien schnell verloren zu gehen scheint. Ein unabdingbares persönliches Lebenslicht für R. M. Wimmer sind Fantasie und Gegenwelten zum Faktischen („Ich träume“), etwa der Traum von Frieden, der immer weiter geträumt werden muss. Liederlichter führen aus Irrwegen und dunklen Löchern heraus, so aus dem Bestreben nach Perfektion und Fehlerfreiheit, sicher ein wichtiges Thema eines ehemaligen Ingenieurs („Uns bleibt nur die Liebe“). Ähnlich verhält es sich mit der Erfolgsgeschichte des großen Einzelnen, die ohne „Das Quäntchen Glück“ nicht möglich ist. Geleuchtet wird auch in den Abgrund physischer Gewalt gegen Frauen („Was heißt schon Moral“) und gegen Kinder („Im Fall der Fälle“). Dies geschieht wie in allen Texten des Liedermachers eindringlich aber in der Wimmerschen Bildersprache, die vielen Zeilen eine poetische Qualität verleiht ( „die Liebe wie ein Firmament“, „Träume als Zugpferde auf meinem Lebensweg“). Das alles überstrahlende Licht, dem der Liedermacher bereits eine ganze CD gewidmet hat, ist für Wimmer die Liebe („Das Liebesliederlicht“), die sich nicht nur im persönlichen Glück, sondern auch im gesamtgesellschaftlichen Umgang manifestiert.
Torsten Steudinger, der über ganz Baden-Württemberg in verschiedensten Formationen und Musikrichtungen ein gefragter Bassist ist, stellt sich einfühlsam auf die Texte von Wimmer ein und umspielt sie mit hoher Kreativität. In einem Solo, wie wir es aus dem Jazz kennen, zeigt er in einer der Schlussnummern seine außergewöhnliche Virtuosität.
Das Publikum bedankte sich bei den beiden Künstlern mit langanhaltendem Beifall, nach einem Abend der leisen Töne, die aber einen starken Nachhall haben, „kabarettistisch-poetisch“ eben.
Horst Immel, KulturDreieck Oberderdingen
Luis Vicario, Viva La Musica
Am 23. Mai 2023 war der im Raum Pforzheim lebende Sänger und Entertainer Luis Vicario zu Gast im Aschingerhaus in Oberderdingen. Zusammen mit dem Gitarristen Thomas Gretschel gestaltete er einen Abend mit spanischen Liedern. Wie wir es von spanischer Volksmusik erwarten konnten, entwickelt sich der Streifzug durch spanisches Liedgut zu einer Feierstunde spanischer Lebensfreude und Leidenschaft. Da waren zunächst mehrere Liebeslieder, in der die Angebetete mit einfühlsamen Vergleichen umworben wird (z. B. „Amapola“) Dann die Hymnen auf spanische Städte wie Malaga und Granada, die in ihrer Einzigartigkeit den Stolz jedes Spaniers heraufbeschwören. Vicarios Mutter stammt aus Malaga, so leben zwei Herzen in seiner Brust, ein spanisches und ein deutsches. Natürlich durften auch in Deutschland bekannte Titel wie „Cuando calienta el sol“ oder dem eigentlich aus Kuba stammenden „Guantanamera“ nicht fehlen. Faszinierend ist, wie bei spanischen Liedern der Refrain zu einem solchen Ohrwurm wird, dass das Publikum unweigerlich mitsingen und mitschunkeln muss. Luis Vicario bot aus dieser Gruppe etwa das Liebeslied auf Dolorores, das in dem unaufhörlich „porompompom“ endet, ließ das Publikum den Refrain dann auf Englisch („but“) und auf Badisch („awwer“) variieren. Diese Mitsing-Lieder kamen bei den zahlreichen Besuchern besonders gut an, die Refrains waren schnell, da einfach, gelernt und die Reihen setzten sich schunkelnd in Bewegung. Im zweiten Teil bot der Künstler Titel, die Julio Iglesias, Esther und Abi Ofarim oder Alfredo Kraus zum Erfolg geführt haben. Bei der Hymne „Eviva Espana“ erreichte die Stimmung am Ende ihren Höhepunkt. Der Abend bescherte zwei Stunden voller Leidenschaft, Lebensfreude und Leichtigkeit. Die unsägliche deutsche Bedeutungsschwere blieb für die Dauer des Konzertes ausgesperrt.
Das Aschingerhaus hatte unser Mitglied Rosa Alva mit spanischen Gewändern, Fächern und anderen Dekorationen aus ihrer Heimat geschmückt. Auch hatte sie zusammen mit ihrer Schwester einige Tapas und Sangría zubereitet bzw. bei der Herstellung beratend zur Seite gestanden. Herzlicher Dank an das Aufbau- und Bewirtungsteam der Mitglieder des KulturDreiecks und an die Gemeinde Oberderdingen als Kooperationspartner für diese gelungene Veranstaltung.
Horst Immel, KulturDreieck Oberderdingen
Folksongs aus Großbritannien im Aschingerhaus
Kraichgau Jazz Festival macht Station in Oberderdingen
Freitag, 27. März 2020 um 20 Uhr im Aschingerhaus Oberderdingen
Martin Erhard und Gabriele Schwöbel: Piano, Lied & Lyrik...“Natürlich!“
Veranstaltung fällt aus
Erstmals sind Opern- und Oratorientenor Martin Erhard und Gabriele Schwöbel mit ihrer Programmreihe Piano, Lied & Lyrik am 27.03.2020 um 20 Uhr in Oberderdingen im Aschingerhaus zu Gast. Sie gestalten passend zum Erwachen von Tier- und Pflanzenwelt im Frühling einen Abend mit dem Titel „Natürlich!“. Wie bei jeder Veranstaltung laden die beiden auch dieses Mal ihr Publikum zum Mitsingen bekannter Volkslieder ein. Thematisch zum Volkslied passend, rezitiert Schwöbel Texte bekannter Dichter wie Goethe, Ringelnatz, Morgenstern, Busch oder Eichendorff nicht nur mimisch und gestisch, sondern auch mit Hilfe diverser Requisiten. Erhard greift die Stimmung auf und reagiert mit einem Kunstlied, einer Operetten- bzw. Opernarie oder einem virtuosen Klavierstück. Freuen Sie sich auf einen Abend, der auf den Frühling einstimmt und ermöglicht, einen Hauch deutscher Literatur einzuatmen und klassischer Musik zu lauschen. Es erwartet sie ein bunter Strauß unterhaltsamer, lustiger und vielfältiger Darbietungen, wobei Geist, Stimmbänder und Lachmuskeln des Publikums trainiert werden.
Eintritt: 8 Euro
Karten: Vinothek und Bürgerbüro Oberderdingen
Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt (14.Febr. 2020)
Kesses und Gefühlvolles im Aschingerhaus
Das Aschingerhaus war zum Valentinstag durch Mitglieder des KulturDreiecks mit herzförmigen roten Luftballons, Leuchtgirlanden und roten Moosröschen festlich geschmückt. Jeder Besucher bekam am Eingang ein rotes Herzgebäck gereicht als Willkommensgeschenk zum Valentinskonzert des „Salontrios – Von Kopf bis Fuß“, das die Gemeinde Oberderdingen in Zusammenarbeit mit dem Kulturdreieck Oberderdingen, das auch bewirtete, im ausverkauften Aschingerhaus am 14. Februar veranstaltete.
Die drei Künstler erschienen in der Garderobe der Zwanziger Jahre. Kathrin Düringer am Klavier in einen schwarzen Pailettenkleid mit federgeschmückten Stirnband gab mit ihrer kraftvollen entschlossenen Fingerakrobatik den Takt vor, Waldemar Bischke im Frack mit Fliege spielte mit seiner Klarinette virtuos dazu und auch dagegen an, während Raphaela Stürmer in verführerischen und mehrmals wechselnden Abendkleidern mit ihrer Stimme die Blicke und Ohren der Zuschauer/hörer auf sich zog.
Wenn man sich auf den Jux des Valentinstages einlässt, wenn man einmal in Gefühlen schwelgen will, fallen einem natürlich die Chansons und Lieder aus den Endzwanzigerjahren ein. Dieser Zeitabschnitt ist ja aufgrund der aktuellen politischen Situation plötzlich wieder in aller Munde und muss oft für unpassende historische Vergleiche herhalten. Wenn es auch immer wieder um Sehnsucht, Liebe, Schmerz ging, so bewiesen die drei Künstler, wie die Musik subtil die Nuancen des Gefühlslebens abbilden kann. Da waren viele schmissige, kesse, freche Chansons, von Friedrich Holländer geschrieben und von Marlene Dietrich bekannt gemacht, bei denen Raphaela Stürmer gern über eine große Bühne gewirbelt wäre, anstatt sich durch den engen Gang des Aschingerhauses zu zwängen. So das Eingangslied „Kinder, heut abend, da such ich mir was aus“ oder später im Programm „Ich bin zu schade für einen allein“. Hier lässt Holländer die neue selbstbewusste Frau der Zwanziger Jahre zu Worte kommen, die auf alle Konventionen pfeift und mit den Männern ihr Spiel treibt. Einen eher traditionellen Männerblick auf ein Rendezvous ergab dann die Ballade „Erst kamen die Blusen , die Kleider…“ ( aus Rudolf Nelson „Ladenmädel“), in der sich der Liebhaber durch einen ganzen Kleiderladen hindurchsingen muss, ehe er die Angebetete erreicht. Beliebt beim Publikum waren die altbekannten Ohrwürmer „Bel Ami“, „Frauen sind keine Engel“, „Ich bin von Kopfe bis Fuß auf Liebe eingestellt“, die das Publikum noch eine Zeitlang verfolgen sollten. Vor der Pause unternahm das Trio noch einen witzigen Ausflug in die frühe Nachkriegszeit mit der Nummer „Im Harem sitzen heulend die Eunuchen“ (Gerhard Winkler,1947), in dem die Flucht in den Orient die rauhe Realität der Nachkriegszeit zu verdrängen suchte.
Neben dem Klang des frechen Kabaretts und den gefühlvollen All-Time-Favourites, die eine Verdrängung der dunklen Realität der Endzwanziger ermöglichten, kam nach der Pause noch eine Musikfarbe hinzu, die signalisierte, dass dem kurzen unbeschwerten Aufbruch durch den aufkommenden Nationalsozialismus ein Ende bereitet wurde. Friedrich Holländer, Marlene Dietrich und Kurt Weil emigrierten. Das Stück „Youkali“ aus einer heute unbekannten Oper von Kurt Weil steht für diese Sehnsucht nach echter Liebe, Hoffnung und Befreiung, das die Stimmung der Emigrierten zum Ausdruck bringt. Hier konnte die ausgebildete Opernsängerin Raphaela Stürmer ihre stimmliche Variationsfähigkeit und Stimmgewalt am deutlichsten zum Ausdruck bringen. Beeindruckend war, wie sie an diesem Abend die verschiedenen Musikrichtungen in großer Nuanciertheit ohne Mikrofon im Aschingerhaus zur Geltung brachte. Aber auch ihre Mitspieler bewiesen in den Instrumentalstücken, die sich mit den Liednummern abwechselten, hervorragende Soloqualitäten. Kathrin Düringer, studierte Pianistin und auch als Organistin und Cellistin unterwegs, und Waldemar Bischke, Gründungsmitglied des“ Salonorchester Schwanen“, spannten in ihren Instrumentalnummern einen weiten Bogen von Tschaikowsky („Valse Sentimentale“) bis zur Unterhaltungsmusik von Ernst Fischer(„Hobelspäne“)
Nach langanhaltendem Beifall entließ das Trio das Publikum mit zwei Zugaben in den Abend, wobei Friedrich Holländers Zugabestück das Motto des Valentinstages am besten zusammenfasste: „Eine kleine Sehnsucht braucht jeder zum Glücklichsein. Eine kleine Sehnsucht, ein bisschen Sonnenschein.“
Horst Immel, KulturDreieck Oberderdingen
"Jetzt kübelt's!": Huub Dutch Duo zu Gast in Oberderdingen
Sommerkonzert im Aschingerhaus am 26. Juli 2019, 20 Uhr
Ein Holländer und ein Baden-Württemberger im Innenhof des Aschingerhauses
Es ist schon ein Fixpunkt im Oberderdinger Veranstaltungskalender, dass kurz vor der Sommerpause der Innenhof des Aschingerhauses für eine Open-Air-Veranstaltung genutzt wird. Die Konzertreihe wird von der Gemeinde Oberderdingen und dem KulturDreieck Oberderdingen gemeinsam durchgeführt und hat sich inzwischen ein treues Stammpublikum erspielt, das eine intime Atmosphäre vor der Haustür einer großen Freiluftveranstaltung in einer fern gelegenen Arena vorzieht. Kein langes Schlange Stehen an unterbesetzten Getränkeständen, sondern eine vorzügliche Auswahl Oberderdinger Weine, die in der mit viel Freude dekorierten Künstlerwerkstatt von bekannten Gesichtern ausgeschenkt wird. In der Pause und nach dem Konzert entsteht im Schatten des historischen Gebäudes, wenn dann die liebevoll verteilten Kerzen angezündet werden, eine anheimelnde Atmosphäre, die zum Verweilen und zu Gesprächen unter den Besuchern einlädt.
Am 26. Juli war in diesem Rahmen das Huub Dutch Duo aus Heidelberg mit seinem Programm „Jetzt kübelt’s zu Gast. Der Titel bezieht sich auf den runden Speiskübel, an dem an einer Stange eine Wäscheleine befestigt ist. Mit diesem „Wäscheleinofon“, dem er überraschende Töne entlocken kann, bestreitet der Holländer Huub Weijers den Rhythmuspart des Duos und gibt Einlagen auf der Trompete und einer mit einem Schlauch verlängerten Vuvuzela. Er führt auch als spaßiger Entertainer durch das Programm, wobei er für seine Späße seine holländische Herkunft geschickt nutzt, bis hin zum Wunsch, dass Holland bald Fußballweltmeister werden wird. Sein Partner Chris Öttinger am Keyboard hat fast alle Originalsongs, die Huub mit sonorer Stimme vorträgt, geschrieben und wird dafür häufig als „Herr Öttinger aus Baden-Württemberg“ dem Publikum vorgestellt. Dieser vollzieht die Verbeugungen mit stoischer Miene, stellen sie doch eine willkommene Unterbrechung seiner exzellenten Arbeit am Keyboard dar.
Das Programm hatte drei Schwerpunkte. Da sind zunächst längere Nummern über den Abend verstreut, in denen Chris Öttinger Streiche von Wilhelm Buschs „Max und Moritz“ vertont und die Abenteuer der beiden Lausbuben mit Musik unterlegt hat. So kommt es zu einer Wiederbegegnung mit Witwe Bolte, die in einer dramatisch daherkommenden Musik ihre Hühner am Baum hängen sieht, mit dem Pfeife rauchenden Lehrer Lämpel und den Maikäfern im Streich mit Onkel Fritz. Hier kann sich die Gesangsstimme sogar auf wieder aufkeimende Textkenntnis im Publikum stützen. Daneben gibt es, auch aus der Feder von Chris Öttinger, nachdenkliche Chansons über die Liebe, in denen er dem Mysterium mit Beobachtungen aus der Alltagswelt beizukommen sucht, wie z.B. „Isses, wie du gehst?“ Dazwischen liegen immer wieder lustige Mitmachsongs von Huub, bei denen Zeilen wiederholt (leicht) oder niederländische Laute nachgeahmt werden dürfen (schwer). Insgesamt eine exzellente Mischung aus rhythmischen Klängen, sonorer Gesangsstimme, anspruchsvollen Texten und wohldosiertem Klamauk, passend zu einem heißen Sommerabend im Freien. Nach drei Zugaben entließ die Vorsitzende des Kulturdreiecks, Helga Essert-Lehn, das Duo mit zwei Flaschen Gemeinderatswein von der Bühne. Für Chris Oettinger war das Konzert eine Stippvisite in seiner alten Heimat, ist „Herr Öttinger aus Baden-Württemberg“ doch in Knittlingen aufgewachsen.
Horst Immel
"Jazz meets Classic" mit dem Duo "Vibraslap" am Freitag, 26.10.2018 im Aschingerhaus Oberderdingen
Zhivko Peshev, Schlagzeuger beim Landes-Polizeiorchester Baden-Württemberg, ist mit seinen Schlaginstrumenten eine feste Größe bei Kindern und Jugendlichen in Oberderdingen, weil er seit 8 Jahren in der regelmäßig stattfindenden Kinderkunstwoche Interesse und Begeisterung für Vibrafon und Marimbafon weckt. So waren auch viele jugendliche Fans des bulgarischen Schlagzeugers mit ihren Eltern und Großeltern ins ausverkaufte Aschingerhaus gekommen, um ihn in einem Konzert zu erleben. Die Gemeinde Oberderdingen, das KulturDreieck Oberderdingen und ein Sponsoring der E.G.O. hatten den Abend gemeinsam ermöglicht. Peshev konnte sich bei dieser Gelegenheit einen lange gehegten Wunsch erfüllen: ein gemeinsames Konzert mit seiner Frau Aleksandrina, die als Kontrabassistin in mehreren Orchestern national und international tätig war und ist. Die beiden bulgarischen Musiker, die an deutschen Hochschulen ihre musikalische Ausbildung erhielten, hatten für diesen Abend Stücke für ihre beiden Instrumente arrangiert, was neben ihren gleichzeitigen beruflichen Einsätzen in Orchestern und Ensembles nicht immer einfach war.
Die Auswahl der Stücke ließ die Zuhörer einige musikalische Neuentdeckungen machen. So etwa die Nummer „Motivy“ des bulgarischen Komponisten Emil Tabakov, die, ursprünglich als Solo für einen Kontrabass geschrieben, von den Peshevs zu einem Dialog zwischen Kontrabass und Rhythmusinstrumenten ( Cajun, Shaker) umarrangiert wurde. Die Musik zeichnet die rauhe Landschaft im Rhodopi-Gebirge Bulgariens nach, wobei Aleksandrinas Kontrabass souverän von den tiefsten bis in die höchsten Lagen gleitet. Das erste Vibrafonsolo Zhivkos im Programm „Incenso“ („Weihrauch“) stammt von Saverio Tasca, einem der bedeutensten Vibrafonisten, bei dem Zhivko einen Meisterkurs besuchen durfte. Virtuos tanzten seine vier Klöppel über die Metallplatten und spielten Begleitung und Melodie gleichzeitig. Ein bulgarisches Tanzstück des Duos „Tulpe und Tanz“, einen Hochzeitsbrauch musikalisch umrahmend, vereinigte die Trauer des Abschiedsnehmens von den Eltern mit der Freude des Ankommens in der neuen Ehe. Der zweite Schwerpunkt des Abends waren Bearbeitungen für Vibrafon/Marimbafon und Kontrabass von Stücken, die das Publikum aus Orchester- oder Bandbesetzung kannte. So etwa das Largo aus dem zweiten Satz von Dvořáks Sinfonie „Aus der Neuen Welt“, Johann Sebastian Bachs „Air“ aus der Orchestersuite No. 3 oder Edward Elgars „Nimrod“. Den Abschluss bestritten Zhivko und Aleksandrina Peshev mit André Waigneins „Tribute to Lionel Hampton“, der das Vibrafon als Jazzinstrument populär gemacht hatte. Bei diesem spektakulären Stück kann das Publikum nicht anders als in Begeisterung verfallen. Aleksandrina konnte hier ihre Slap-Technik einbringen und so auf dem Kontrabass einen perkussiven Klang erzeugen, daher auch der Name des Duos „Vibraslap“.
Das Besondere an diesem Abend war, dass zwei Instrumente, die in der Regel ganz weit weg vom Publikum platziert sind, jetzt ganz aus der Nähe und als Soloinstrumente wahrgenommen werden konnten, zum Klingen gebracht von exzellenten Könnern ihres Faches.
Horst Immel, KulturDreieck Oberderdingen
Michael-Ende-Abend mit Rainer Markus Wimmer im Aschingerhaus am 14.09.2018
Seit dem Frühjahr dieses Jahres läuft in unseren Kinos die erste „Realverfilmung“ von Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, in der mit Computereffekten massiv die Phantasiewelt des Klassikers als Abenteuerstory inszeniert wird. In diesem Film wird neuerlich das Vorurteil bedient, dass es sich bei Michael Ende um einen bloßen Kinderbuchautor handelt. Am 14.09.2018 war Rainer Markus Wimmer im Aschingerhaus Oberderdingen bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Gemeinde Oberderdingen und des Kulturdreiecks Oberderdingen zu Gast, um mit diesem Vorurteil aufzuräumen. Rainer Markus Wimmer sieht sich in der Tradition der Liedermacher Wecker, Hirsch, Sulke und Kreisler, die ihre Gedanken und Beobachtungen in kritische Lieder umsetzten. Seit 1982 hat er auf sieben CDs seine eigenen Gedanken in Lieder umgemünzt. Auf seiner neusten CD „Ihm ging es um die Kunst“ hat er neun Balladen von Michael Ende vertont, die er in seinem Soloprogramm im Aschingerhaus zu Konzertgitarre und Westerngitarre vortrug. Der Titel seines Programms stammt aus der bekannten „Ballade vom Seiltänzer Felix Klingenbeil“, die die Sentenz enthält „Ihm ging’s nicht um den Ruhm der Welt, ihm ging es um die Kunst“. Diese Zeilen verwendet Rainer Markus Wimmer als Motto, um Michael Ende aus der Kinderbuchecke herauszuholen und als einen vielschichtigen Autor und Denker vorzustellen. Hatte doch Michael Ende Anfang der 70er Jahre Deutschland in Richtung Italien verlassen, weil ihm, wie er selber schrieb, die Kritiker nicht vergeben konnten, dass er „aus der Kinderzimmertür“ kam.
Zur Rehabilitation von Michael Ende hat Rainer Markus Wimmer einen Ende-Abend entwickelt, in dem er Lieder, Texte und Geschichten von und über Michael Ende zusammenführt. Dabei verortet er den Autor nicht im Reich der Fantasy oder Science-Fiction, den die Filmindustrie aus ihm gemacht hat, und erhebt auch nicht den ewigen Vorwurf des Eskapismus. Ihn reizte als Naturwissenschaftler und Ingenieur die Aussage Michael Endes, dass das „Weltbild des Nur-Beweisbaren, trotz seiner immensen Kompliziertheit, letzten Endes ganz einfach zu langweilig ist“. Bei der Bearbeitung der Ende-Texte entdeckte Wimmer, wie ein Blick in das Reich der Phantasie, der Kunst und der Mythen die Sicht auf die messbare Wirklichkeit entscheidend verändern kann, ja dass man die Wirklichkeit letztlich nicht beschreiben kann, wie die Ballade „Der wirkliche Apfel“ beweist. Kunst und Phantasie kommen für Rainer Markus Wimmer wie für Michael Ende der Wahrheit näher als das Beweisbare.
Im Ablauf seines Programms ergänzt Rainer Markus Wimmer die von ihm komponierten Musikstücke auf die Texte der Balladen von Michael Ende mit passenden Äußerungen aus der Feder Endes. So kombiniert er das Stück „Lobgesang auf Nicht-Erfinder“ mit wachstumskritischen Äußerungen zu unserem Wirtschaftssystem. In ihren Zusammenhang eingebettet werden auch „Das Lied von der Anderwelt“ und „Die Ballade von der wundersamen Köchin“, angereichert mit u.a. Texten über Toleranz, die Liebe und das Wesen der Schildkröte, dem Lieblingstier von Michael Ende. So entsteht ein weitgefächerter Bilderbogen über Leben und Werk Michael Endes.
Die von Wimmer komponierten Melodien zu den Balladen zeugen von seiner langen Erfahrung als Liedermacher. Sie sind nicht, wie viele musikalische Bearbeitungen von Ende-Texten, verträumte sphärische Klänge, die die Zuhörer in illusionäre Welten schicken, sondern musikalisch auf den Text abgestimmte Rhythmus- und Klangfolgen, die die Zeilen Endes eindrucksvoll erlebbar machen. Text und Musik ziehen, wie beim Liedermacher üblich, an einem Strang. Oft kommt es auch in der Melodie zu überraschenden Wendungen, die in einem musikalischen Trugschluss münden, bevor eine neue Harmonie aufgenommen wird, die zum eigentlichen Ende führt.
So entlässt Rainer Markus Wimmer seine gut 50 Zuhörer im Aschingerhaus mit einer neuen Sichtweise auf Michael Ende, die vielschichtiger und differenzierter ist als die, mit der sie kamen.
Horst Immel, Kulturdreieck Oberderdingen
„Best off“ Marcel Adam
Open-Air-Konzert im Innenhof des Aschingerhauses am Freitag, 27. Juli 2018
Zum dritten Mal zu Gast in Oberderdingen war am 27.07. 2018 der lothringische Liedermacher und Chansonnier Marcel Adam im Rahmen der Freitagskonzerte im Aschingerhaus. Veranstalter waren das Kulturdreieck Oberderdingen zusammen mit der Gemeinde Oberderdingen. Marcel Adam hatte seine hochkarätigen Musikerkollegen Christian Conrad (Zupfinstrumente) und Christian Di Fantauzzi (Akkordeon, Saxofon) mitgebracht, um unter optimalen Bedingungen ein Open-Air-Konzert im fast fertiggestellten Innenhof des Aschingerhauses zu veranstalten. Das neue Künstleratelier im Hof wurde an diesem heißen Sommerabend von mehr als siebzig Besuchern zum ersten Mal als Erfrischungstheke in Besitz genommen. Die Gemeinde Oberderdingen als Mitveranstalter hatte durch den Bauhof die nötige Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Zum Schluss der Veranstaltung schaute dann noch der angesagte Blutmond im Innenhof des Aschingerhauses vorbei und rundete den schönen Sommerabend vollends ab.
Marcel Adam, seit 37 Jahren in Deutschland und Frankreich unterwegs, ist nicht nur ein exzellenter Musiker und Songschreiber, sondern auch ein witziger Entertainer, der immer wieder Anekdoten aus Begegnungen mit seinem Publikum oder witzige Bemerkungen über die schnelllebige Hektik, die die moderne Welt der digitalen Medien verbreitet, als Überleitung benutzt. Dabei ist für ihn der enge Kontakt mit dem Publikum im kleinen Rahmen sehr wichtig. Hier scheint ihn der direkte Blickkontakt mit seinen Zuhörern richtig zu beflügeln. Marcel singt in drei Sprachen: lothringisch, deutsch und französisch. Drauf hat er natürlich Lieder, bei denen er das Publikum den Refrain mitsingen lässt. In „Die Mittwochnachmittage“, in dem zwei verschiedene Arten von Therapie aufeinandertreffen, müssen die Zuhörer fragen „Und du, was machst du denn jetzt?“. Das Besondere an den von ihm vorgetragenen Liedern besteht aber darin, dass sie die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle abdecken, von Sehnsucht über Freude bis zu Enttäuschung und Trauer. Dazu gehört sein Lied im lothringischen Dialekt „s’Onna“, in dem er sich an seine Kindheit in Hambach (Lothringen) mit seiner Großmutter erinnert. Der aufkommenden Melancholie folgt das trotzige Lächeln von Marcel Adam, das dem Publikum dann wieder signalisiert, dass das Leben doch alles in allem schön ist. Ähnliche Stimmungslagen bieten die Titel „Liebe ist wie das Wasser“ oder „Auch das Schicksal und die Angst kommt über Nacht“, ursprünglich von Nena. Aus dem deutschsprachigen Raum brachte Marcel Adam u.a. Hannes Waders Lobeshymne auf gute Freunde („Gut wieder hier zu sein“), einen Song von Gitte Haenning („Ich will alles“) und Titel von „Element of Crime“ in Erinnerung. Marcel Adam singt an diesen Abend die bekannten Liebeslieder „Ohne mich“ und „Ein Hotdog unten am Hafen“, in denen Sven Regner von „Element of Crime“ auf einfühlsame („Ohne mich“) und witzig-freche („Ein Hotdog unten am Hafen“) Weise den Trennungsschmerz verarbeitete. In diesen Texten und Melodien, die Adam mit großer Gelassenheit und großer Authentizität vorträgt, vermittelt er die immense Spannweite der Gefühle, die das Lieben und das Leben ausmacht.
Bei den französischen Liedern in seinem Programm dürfen die Großen des französischen Chansons natürlich nicht fehlen. Seinem Publikum gibt er derweil auf den Weg „Es gibt Lieder, die viel schöner sind, wenn man sie nicht versteht“. Dazu gehören unter anderen Charles Aznavours „Emmenez-moi“, sein Sehnsuchtssong auf den Süden, wo Sonne und Liebe die Sorgen der Welt auflösen, Édith Piafs „ Tu me fais tourner la tête“, nach Marcel Adam, das schönste Liebeslied, das je von einer Frau geschrieben wurde - Liebeslieder seien ja eine Männerdomäne – und auch Jacques Brels „Dans le port d‘ Amsterdam“, eine Hymne auf die Lebenskraft der Seeleute im Amsterdamer Hafen. Traditionell klingt bei Marcel Adam der Abend mit Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ aus. Ein einfühlsamer Mutmacher-Text für den Nachhauseweg - von Dietrich Bonhoeffer aus seiner Gestapo-Haft 1944 kurz vor seiner Hinrichtung für seine Verlobte geschrieben – als Abschluss dieses bunten Straußes von Liedern und Chansons über die Wechselfälle der Liebe und des Lebens.
Horst Immel
Kabarett mit Philipp Lingenfelser und Matthias Berger im Aschingerhaus
Mit ihrem Kabarettprogramm „Einmal Mit, Einmal Ohne: Musikalische Satiren“ waren Philipp Lingenfelser und Matthias Berger im Rahmen der Freitagskonzerte des Kulturdreiecks am 08.06. 2018 im gut besuchten Aschingerhaus in Oberderdingen zu Gast. Der Titel lässt eine Zweiteilung, Gegensätze, Varianten des gleichen Themas erwarten. Und Gegensätze gibt es in der Tat genug an diesem Abend: das Künstlerduo aus badischem Komponisten /Texter (Philipp Lingenfelser) und schwäbischem Performer (Matthias Berger), aus Klavier und Gesang, aus Groß und Klein. Dies sind allerdings nur die offensichtlichsten Gegensätze in dieser musikalischen Nummernrevue mit intelligenten Texten, alle aus der Feder von Philipp Lingenfelser. Dieser ist ein äußerst genauer Beobachter seiner Mitmenschen und seiner Umgebung und kommt in seinen Texten zunächst wie der freundliche Nachbarsjunge daher, der mit großer Freude und mit großen Augen seine Umgebung unheimlich wortreich beschreibt, lobt und lebendig werden lässt. So schmeichelt er seinen Sujets und seinen Figuren, robbt sich Vertrauen erheischend an sie heran, wiegt sie in Sicherheit, um dann plötzlich den Vorhang wegzureißen, die Fratze hinter dem freundlichen Lächeln, den Hundebiss hinter dem lieben Tier aufscheinen zu lassen. Dabei spielt er mit großer Freude und Varianz mit der Sprache (etwa in dem Stück „enz“, in dem es nicht um den lokalen Fluss, sondern um Kompetenz, Flatulenz und Vehemenz geht) oder wenn er aus Archaismen („Wem ist der Mensch erbötig?“) einen komischen Effekt bezieht.
So bewegt sich die musikalische Reise zunächst durch die kleine Nahumgebung, vorbei an Haustieren, Musik, Blumen, Freunde, Glück, ehe im zweiten Teil Klimaschutz, Erfolg, Klickgesellschaft, alternde Gesellschaft in ihrer jeweiligen Doppelbödigkeit zum Thema gemacht werden. In Erinnerung bleiben etwa die Nummern „Blumenfrau“, die an ihrem Beruf leidet und zur „Blumenkerkersfrau“ mutiert oder der Titel „Ich habe Musik im Kopf“ vom kreativen Musiker, der die Musik liebt, aber auch unter ihr leidet. Die ewige deutsche Besserwisserei nimmt das Lied „Wären alle so wie wir“ aufs Korn. Unter die Haut geht die Nummer „Pflegeheim“, wo der Gegensatz zwischen Schein und Sein für alle greifbar wird. Philipp Lingenfelser beeindruckt hier besonders mit seiner variablen Tenorstimme, die sich an die verschiedensten Gemütslagen anpassen kann.
Matthias Berger gibt den ungehorsamen Widerpart zum Meister am Klavier, wenn er sich etwa in einem Titel beklagt, dass er immer alles gleich nachsingen muss, was der Meister komponiert hat, oder wenn er in einem anderen Lied jammert, dass Kritiker immer alles platt machen. Er mimt den eher lustigen Part, der nicht so stark an der Welt leidet wie sein klavierspielender Kollege. Er darf die Parodie auf den deutschen Männergesangverein vortragen, den sein Partner ja aus seiner eigenen Chorleitertätigkeit kennt. Auch muss Berger widerwillig einen Blues zu Gehör bringen, darf sich über die schwäbische Kehrwoche lustig machen und hat bei dem Titel „Mumienschubsen im Tanzcafé“ die Lacher auf seiner Seite.
Insgesamt ein vergnüglicher Abend mit Tiefgang und aufrüttelnden Zwischentönen – anspruchsvolles Kabarett eben fernab vom nervigen Comedy-Gedöns.
Horst Immel